Büchervielfalt

Für Leseratten & alle die lesen können
 


Heute bin ich mal wieder über meine alten Konstantin Wecker CDs gestolpert und sofort sprang mich ein Lied ganz besonders an. Okay, das springt mich eigentlich immer an, wenn ich die CD höre, denn vor allem der Text ist dermaßen gut!

Also, lass ich euch heute an meiner kleinen Welt teilhaben und vielleicht kommen euch ja die selben Gedanken wie mir in den Sinn. Wie viel hat sich wirklich verändert (das Lied ist von 1977) und vor allem, was tun wir dagegen? etc. pp.

Konstantin Wecker
“Frieden im Land”

Das Land steht stolz im Feiertagsgewand.
Die Zollbeamten sind schön aufgeputzt.
Sogar die Penner haben Ausgang, und am Rand
sind ein paar Unverbesserliche noch verdutzt.
Die alten Ängste, pittoresk gepflanzt,
treiben sehr bunte neue Blüten.
Die Bullen beißen wieder, und der Landtag tanzt.
Endlich geschafft: ein Volk von Phagozyten.
Jetzt ist es allen klar: Der Herr baut nie auf Sand.
Es herrscht wieder Frieden im Land.

Vereinzelt springen Terroristen über Wiesen.
Wie chic. Die Fotoapparate sind gezückt.
Die alten Bürgerseligkeiten sprießen,
die Rettung, Freunde, ist geglückt.
Die Schüler schleimen wiederum die Wette.
Die Denker lassen Drachen steigen.
Utopia onaniert im Seidenbette,
die Zeiten stinken, und die Dichter schweigen.
Wie schön, daß sich das Recht zum Rechten fand:
Es herrscht wieder Frieden im Land.

Ich will mich jetzt mit einem runden Weib begnügen,
drei Kinder zeugen, Eigenheime pflanzen und
die Menschheit einfach mal um mich betrügen.
Wohin denn leiden - schließ mir, Herr, den Mund.
Wirf mir die Augenbinden runter und den Stirnverband:
Es herrscht wieder Frieden im Land.


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Acht Jahre lang war Carla del Ponte Chefanklägerin am internationalen Gerichtshof in Den Haag. Acht Jahre lang war sie den schwersten Menschheitsverbrechen auf der Spur. Doch immer wieder scheiterte die resolute Frau an den politischen Verstrickungen, die fast alle Kriegsverbrechen mit sich ziehen. Acht Jahre lang lief sie gegen diese “Gummiwand”, wie sie es nennt, an. Dann hat es ihr gereicht.

Cover zu “Im Namen der Anklage” © S. FischerDanach hat die Schweiz sie schnell als Botschafterin nach Argentinien abgeschoben, denn die Frau kennt Namen… Namen von Mittätern und Namen von etlichen Politikern und Wirtschaftsbossen, die an Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen profitieren und diese deshalb decken.

Nun meldet sich Carla del Ponte endlich selbst zu Wort: “Im Namen der Anklage: Meine Jagd auf Kriegsverbrecher und die Suche nach Gerechtigkeit” heißt ihre Biographie. Dafür hat sie gleich einmal von der Schweiz einen Maulkorb bekommen und darf das Buch nicht bewerben. Denn was tut sie? Sie nennt Namen und Schuldige. Und gerade weil man deutlich merkt, dass sie dabei noch größte Vorsicht walten lässt und wohl nur einen kleinen Teil, von dem erzählt, was sie wirklich weiß, ist man verblüfft, dass selbst ein paar dieser Namen die Mächtigen gleich im Vorfeld erzittern lassen. weiterlesen »


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Ja, langsam müssen wir uns wohl alle mit dem Gedanken der Überwachung und der wachsenden Digitalisierung unseres Lebens anfreunden. Auch sind Themen wie gesellschaftliche Schichtenbildung so aktuell wie schon lange nicht mehr. Wir selbst müssen hier Stellung beziehen und uns unsere eigene Meinung und Haltung bilden. Doch wie vermittle ich solch ein System meinen Kindern? Die französische Kinderbuchautorin Anne-Laure Bondoux hat mit “Linus in der Stufenwelt” solch einen Versuch gewagt.

Cover zu “Linus in der Stufenwelt” © ArenaUnd dies ist ihr hervorragend geglückt. Es ist eine Art 1984” für Kinder, gesellschaftskritische Science Fiction für das jüngere Publikum. In einem spannenden Abenteuer werden sowohl Groß als auch Klein ins Grübeln kommen und anfangen sich mit den genannten aktuellen Themen unserer Zeit auseinanderzusetzen.

Der 14-jährige Linus Hoppe steht kurz vor einem entscheidenden Moment in seinem Leben. Bald wird der “große Berechner” auch ihn testen und seinen weiteren Lebensverlauf bestimmen. Alle Schüler müssen hier durch. Anhand eines bestimmten Ergebnisses entscheidet der “große Rechner” darüber, in welcher Sphäre die angehenden Erwachsenen fortan leben sollen. Sphäre 1 ist den Reichen und Wohlhabenden vorbehalten, die die Gesellschaft führen und lenken. In Sphäre 2 lebt die arbeitende Bevölkerung. Sphäre 3 ist für Leute wie Linus Freund Chem gedacht, aufsässige und rebellische Jugendliche, die wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden sollen. Und in Sphäre 4 werden alle Kranken und geistig Minderbemittelten gesteckt. weiterlesen »


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Einer aus meiner Sicht genialsten Texte zum Thema Börse ist der Songtext zu Konstantin Weckers “Wenn die Börsianer tanzen…”. Dazu kann man im Prinzip nicht mehr viel hinzufügen… Vor allem, wenn wir die Pressewalzer, Börsenboogies, Brokerbeats, Politikerpolkas oder auch Bankentwists in letzter Zeit beobachten. Bei all dem Hinsehen wird einem noch schwindlig, doch irgendwie möchte man sie doch auch einfach solange tanzen lassen, bis sie einfach umfallen. ;-)

Daher heute mal nicht direkt ein Gedicht für euch, sondern eben ein Songtext. Aber so ein großer Unterschied ist dann da ja auch nicht. Oder gibt es hier einen Schubladenpacker?

Konstantin Wecker - Wenn die Börsianer tanzen…

Wenn die Börsianer tanzen
Heben sie verzückt das Bein.
Lassen dann in den Bilanzen
Auch mal Fünfe grade sein.

Ihre spitzen Köpfe wackeln
Schwer gerötet aufs Parkett
Und gewisse Damen dackeln
Hinterher und sind sehr nett. weiterlesen »


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Als Obama Präsident der USA wurde, versprach er das Folterlager von Guantanamo zu schließen. Doch im gleichen Atemzug fielen Aussagen, wie, dass es nicht so einfach sei und eine lange Zeit brauchen würde. Es ist doch immer wieder faszinierend zu sehen, wenn bei der ach so zivilisierten und häufig hochnäsigen westlichen Welt die Masken fallen. Auch unsere Regierungen haben Staatsgeheimnisse und richten auf der Welt unsägliches Leid an.

Cover zu “Fünf Jahre meines Lebens” © RowohltDoch da wir mitten in diesem System leben, verschließen viele von uns die Augen. Und da fragen sich manche immer noch, warum im Dritten Reich niemand von der Judenvernichtung gewusst haben will?

Murat Kurnaz hat Guantanamo überlebt. Fünf Jahre lang wurde er erwiesenermaßen (!) unschuldig gefoltert, misshandelt und gequält. Und trotzdem werfen ihm angesichts dieses Leids immer noch Leute eine Terror-Schuld oder gar Kommerzgedanken vor. Trotzdem setzt sich Murat Kurnaz unermüdlich für die Schließung der Folterlager ein und gibt gerade in diesen Zeiten ein Interview nach dem anderen.

Grund genug sich sein 2007 erschienenes Buch “Fünf Jahre meines Lebens” wieder ins Gedächtnis zu rufen. Darin beschreibt Kurnaz eindrücklich seine Erlebnisse in Guantanamo und damit seine eigene Geschichte. Mit 19 Jahren möchte der Bremer Deutsch-Türke Kurnaz in Pakistan auf eine Koranschule gehen. Doch bald wird er bei einer Sicherheitskontrolle in einem Bus, ohne zu wissen warum, verhaftet. Der ahnungslose Jugendliche steht unter Terrorverdacht. Wie schnell man doch in Schuldzuweisungen sein kann…

Für 3.000 Dollar kaufen die USA ihn von der pakistanischen Polizei ab!!! Sein Martyrium beginnt. Über Afghanistan kommt er nach Guantanamo Bay. “Weißt du, was die Deutschen mit den Juden gemacht haben? Genau das machen wir jetzt mit euch,” hört er gleich zu Beginn einen Soldaten sagen. weiterlesen »


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Fast jeden Tag erleben wir alle diese Szene: Wir hetzen gerade mal so nebenbei in den Supermarkt und wollen nur eine Kleinigkeit für den ausgehungerten Magen kaufen oder vielleicht sich sogar an das Abenteuer Großeinkauf wagen. Doch schon quengelt uns das erste Kind an, zwei Leute halten gerade vor dem Regal ein Schwätzchen, wo man jetzt dringend hin muss, die Preise sind zu hoch, die Farben grell, die Musik und Werbung dröhnen in unseren Köpfen und dann ist auch noch die Schlange an der Kasse zu lang.

Cover zu “Die Leiden einer jungen Kassiererin © RiemannWie häufig haben wir dann schon direkt oder nur indirekt unseren Frust an der Kassiererin abgelassen, das letzte Hindernis, das uns noch vom Verlassen dieses stressigen Ortes hindert? Wie oft hat man sich schon gedacht, warum die Person so unfreundlich ist, warum sie einen so pampig begrüßt und warum, zum Teufel nochmal, sie die Sachen nicht schneller über den Scanner zieht?

Für all diese Fragen, gibt es häufig, eine einfache Antwort: Wir sind der Grund! Wir behandeln die Kassierer doch meist wie einen Teil der Kasse, beschweren uns über Dinge, für die sie nichts können oder einfach nur, weil wir schlechte Laune haben. Und das müssen sich die Damen und Herren täglich geschätzte 2 Mio. Mal anhören. Da wären auch wir unfreundlich.

Und dann kommt noch der Status im eigenen Betrieb dazu. Kassierer haben in den meisten Großmärkten keinerlei Eigenverantwortung, müssen für alles den Chef rufen, werden dann noch überwacht, ja, müssen sogar darum bitten, aufs Klo gehen zu dürfen. weiterlesen »


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Gestern schloss die Buchmesse in Leipzig für dieses Jahr wieder ihre Pforten. Und die Veranstalter waren ganz begeistert: 147.000 Besucher, das sind ganze 14% mehr als im Vorjahr! Und auch die Jugend stürmt immer mehr die Messe. Doch kann die Buchbranche diese Euphorie halten?

Ja, Lesen ist momentan so beliebt wie schon lange nicht mehr und auch immer mehr junge Menschen greifen wieder zum Buch. (Bei dem Fernsehprogramm auch kein Wunder… ;-) ) Und mehr und mehr kann man das Buch wieder in die Alltagskultur zurückkehren sehen. Bücher sind schon lange kein Nischenthema mehr und wer immer noch den Tod des Buches prophezeit, der hat die Augen nicht auf gemacht.

Ja, das Buch lebt weiter, egal ob als E-Book oder auf die gute alte Art, nur die Inhalte haben sich leider gewandelt… Mir scheint, Verlage haben sich gezielt an Medien wie dem Fernsehen orientiert und ihre Programme auf diese Alltagskultur ausgerichtet. So gibt es zu jeder Show gleich ein Buch, zu jedem Z-Promi eine Biographie und auch Serien kommen in Buchform auf den Markt. Die Comic-Sparte (nichts gegen Comics) wächst von Jahr zu Jahr mehr auf den Messen.

Ratgeber und schlechte Retorten-Romane feiern Hochkonjunktur und hier und da ist die Buchmesse längst schon ein Schaulaufen für Fernsehköche und Möchtegern-Sternchen. Ja, es waren auch viele “echte” Schriftsteller auf der Messe. ;-) weiterlesen »


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In seinem neuen Buch “Empörung” stellt der US-amerikanische Autor Philip Roth einmal mehr sein außergewöhnliche Talent unter Beweis. Er schafft es seine bisherigen Hauptthemen wie Alter, Tod, Agonie, Sex, Rebellion, Scheitern, Freiheit oder Außenseitertum auf nur gerade mal 200 Seiten zu solch einer Dichte zu komprimieren, dass der Leser sich tief berührt fühlt und gleichzeitig ein Gefühl der Enge bekommt.

Cover zu “Empörung” © HanserDer Roman ist vielleicht kein neues Meisterwerk, jedoch verdichtet Roth sein Können so, dass man sich fast schon von der Sinnlosigkeit des Lebens eingehüllt und umnebelt fühlt. Seine Hauptmotive werden hier diesmal aus der Sicht der Jugend behandelt.

57 Jahre nach seinem Tod, berichtet Marcus Messner, vielleicht nach Zuckermann ein neues Alter Ego, von einem Ort irgendwo im Jenseits aus, noch einmal von den letzten zwei Jahre seines Lebens. Im Tod scheint es dabei wie im Leben: Messner ist Gefangener seiner selbst. Nur ist das Gefängnis wohl deutlich schlimmer, da er nun als alter, weiser Mann auf seine damaligen Taten und seinen viel zu frühen Tod zurückblickt.

Marcus wuchs als Vorzeigesohn in einer jüdischen Familie in Newark auf. Sein Vater war ein koscherer Metzger und so half Marcus ihm, wo er nur konnte. Das Blut und das Schlachten werden ihn irgendwie sein Leben lang nicht mehr loslassen.

Sein Vater liebte ihn, ohne Frage. Doch je älter Marcus wurde, um so mehr Sorgen machte sich der Vater grundlos. Er erfand Szenarien, welche dem Sohn zustoßen könnten. Und Marcus fühlte sich immer mehr beschränkt. Um der Enge des Elternhauses zu entgehen, flieht er auf ein protestantisches College weit weg. weiterlesen »


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Roberto Saviano ist durch seinen Bestseller “Gomorrha” über die Machenschaften der neapolitanischen Mafia, der Camorra, berühmt geworden. Wohl vor allem auch deshalb, da er in dem Buch so schonungslos enthüllt und berichtet, dass er auf der Todesliste der Mafia steht.

Cover zu “Das Gegenteil von Tod” © Hanser VerlagSchon lange kann Roberto Saviano nicht mehr ohne Bodyguards in die Öffentlichkeit, er lebt ein Leben im Verborgenen und Interviews können nur an geheimen Orten stattfinden. Klar, dass es unter diesen Bedingungen schwer für einen Autor ist an den ersten Welterfolg anzuknüpfen. Doch Saviano scheint dies zu gelingen. In “Das Gegenteil von Tod” beschreibt er die andere Seite von “Gomorrha“.

Enthüllte er in seinem ersten Buch vor allem die komplexen Strukturen der Mafia in Neapel auf journalistische Weise, geht er nun näher an die Leute heran, die tagtäglich mit dem Wahnsinn des Verbrechens umgehen müssen. Jene Italiener, die sich zwar an die Gesetze halten, doch unfreiwillig, einfach weil sie dort leben, zwischen oder direkt an die Fronten geraten. weiterlesen »


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Heiner Müller © Jürgens Ost und Europa Photo, BerlinGestern wäre der Dramatiker und Autor Heiner Müller 80 Jahre alt geworden. Grund genug hier einmal wieder seine Werke und seinen politischen Einsatz in unser Gedächtnis zu rufen.

Ich bin ein großer Freund seiner kritischen Schriften, Theaterstücke und Gedichte, weshalb ich euch morgen den Autor auch noch einmal näher vorstellen werde.

Heute wollte ich eigentlich ein Gedicht von ihm online stellen und bin dann bei meiner Recherche über seine berühmte Rede vor Demonstranten in Berlin am 4. November 1989 gestolpert. Beim Lesen musste ich dann breit grinsen, denn einiges ist heute immer noch extrem aktuell, ob nun im Westen oder im Osten. Daher habe ich mich an dieser Stelle für die Rede entschieden: weiterlesen »


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