Büchervielfalt

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In den Feuilletons wurde der Debütroman von Thomas Pletzinger “Die Bestattung eines Hundes” fast ausnahmslos in den allerhöchsten Tönen gelobt. Lassen sich denn alle von irgendwelchen Titeln so leicht beeindrucken?

Cover zu “Bestattung eines Hundes”Pletzinger studierte am Leipziger Literaturinstitut (oho! Na, das muss ja gut sein…), hat geschickt und berechnend Kontakte in der Literaturszene geknüpft und war lange Zeit als Lektor und Literaturscout tätig. Nichts dagegen, dass jemand seine Beziehungen spielen lässt oder über Umwege in den Job einer Szenen rutschen will, die er liebt. Alles schön und gut. Nur finde ich erstens, dass man die ganze Theorie und die Szenekenntnis leider zu deutlich in seinem Erstlingswerk merkt. Alles scheint berechnend auf Verkäuflichkeit konstruiert worden sein. Und zweitens, finde ich es sehr schade, dass es heute gar nicht mehr anders zu gehen scheint.

Kunst wird Kommerz unterworfen und so massiv zensiert. Es ist die Rede von einer “neuen Generation von Autoren“, die gezielt marktwirtschaftliche Strukturen nutzen um ihre “Ware” an den Mann zu bringen. Jegliche Kreativität und Ideenreichtum werden so an zweite, wenn nicht sogar dritte, vierte, fünfte… Stelle gestellt. Und dies wird von den Medien sogar noch hofiert. Oder sind wir schon so daran gewöhnt, dass es keinem mehr auffällt? Aber so geht es ja nicht nur dem LiteraturBETRIEB, sondern der gesamten KunstBRANCHE…

Nun zur Geschichte :D : Daniel Mandelkern (toller Name!) , der eigentlich Ethnologe ist, aber als Journalist arbeiten muss, bekommt von seiner Feuilleton-Chefin, die gleichzeitig seine Frau ist, den Auftrag einen (natürlich erfolgreichen) Kinderbuchautor zu interviewen.

Doch zuhause beim Autor Svensson am Luganer See (Kennen wir das nicht irgendwoher?) verzögert sich das Interview, da die Hausgemeinschaft Mandelkern immer mehr fasziniert. Es stellen sich Dreiecksbeziehungen heraus, er grübelt über seine eigene Ehe nach und gleichzeitig findet er den (natürlich Klischee!) eigenbrödlerischen Weltenbummler Svensson total interessant. Die Lebensgeschichten beginnen sich zu überlappen.

Selten habe ich ein so hölzern konstruiertes Buch gelesen, wo selbst die Emotionen nur so vor Klischees und Kommerzkonstruktionen wimmeln. Die so viel besungene Feinfühligkeit konnte ich nirgends entdecken. Nur Love-Story-Prototypen.

Ich möchte Thomas Pletzinger nicht sein Talent absprechen. Mich ärgert eher, dass purer Kommerz unter dem Deckmantel Kunst zu einem riesen Ballon aufgeblasen wird, der aber bei näherem Hinsehen schnell die Luft verliert.

Er könnte bestimmt noch gute Werke schaffen, wenn er sich von dem Kommerzgedanken verabschiedet. Naja, das Debüt wäre ja erfolgreich etabliert. Vielleicht kann er jetzt freier arbeiten.


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Cover zu “Dr jekyll und Mr Hyde”Nur wenige Werke haben ihre Nachwelt so sehr beeinflusst, dass sie derart häufig adaptiert, verfremdet oder kopiert wurden, dass man das Original schon fast wieder vergessen hat. So geschehen mit ein paar Klassikern des Horrors.

Wie “Dracula” oder “Frankenstein” hat auch “Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde” von Robert Louis Stevenson kommende Generationen von Autoren beeindruckt und beeinflusst.

Diese Klassiker sollte man bei all den wandelnden Klischees, Abziehbildchen oder Witzfiguren nie vergessen. Es sind herrausragende und zeitlose Werke über die menschliche Seele, Ängste und gesellschaftliche oder moralische Zustände.

Robert Louis Stevenson, der vor allem Weltruhm durch sein Werk “Die Schatzinsel” erlangte, veröffentlichte die Erzählung mit dem Titel “Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde” im Jahr 1886.

Dr. Henry Jekyll, ein angesehener Wissenschaftler der Londoner Oberschicht, überschreibt von einem Tag auf den anderen in seinem Testament seinen gesamten Nachlass an einen gewissen Mr. Hyde. Dies lässt seinen Anwalt Gabriel J. Utterson stutzig werden. Zudem es immer mehr scheint, dass Mr. Hyde auf den bisher vorbildlichen Dr. Jekyll einen schlechten Einfluss ausübt.

Als dann ein Mord geschieht, für den Hyde verantwortlich sein soll, verschwindet dieser plötzlich. Dr. Jekyll geht daraufhin wieder seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nach und verhält sich fast noch vorbildlicher als zuvor.

Doch einige Zeit später verändert er sich wieder. Er zieht sich zu fiberhaften Experimenten in sein Labor zurück und bricht jeglichen Kontakt zur Außenwelt ab.

Eines Tages finden Jekylls Butler und Utterson die Leiche von Mr. Hyde in Jekylls Labor und letzterer ist verschwunden.

Utterson findet dann das schreckliche Geheimnis Hydes heraus: Er hat eine Droge entwickelt mit der man die dunkle und animalische Seite der menschlichen Seele hervorbeschwören kann. Doch Jekylls Experiment ist außer Kontrolle geraten…

Robert Louis Stevenson hat mit “Dr. Jekyll und Mr. Hyde” einen gut durchdachten und spannenden Klassiker der Horrorliteratur geschaffen.

Er kritisiert offen den falschen und oberflächlichen Umgang in der Gesellschaft und die Unterdrückung der Triebe. Gleichzeitig warnt er auch vor Übertreibung.

Zudem hat er als einer der ersten europäischen Autoren die Wirkung von Drogen offen thematisiert.

Eine wahnsinnig gute und tiefgründige Gruselgeschichte, die einen zum nachdenken anregt. Nicht umsonst hat sie Generationen von Autoren inspiriert und beeinflusst.


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Nur für Verrückte…

Autor: Nina
abgelegt in: Klassiker

Autor Hermann HesseDas meiner Meinung nach genialste Buch zum Thema Leben und Sinnfindung ist “Der Steppenwolf” von Hermann Hesse. Dieses Buch ist ebenso zeitlos wie aktuell, vielleicht momentan wieder aktueller denn je.

Ich höre jetzt schon einige sagen: “Oh, deutscher Klassiker. Wie langweilig!” Aber dem muss ich entschieden widersprechen. Für alle, die mehr vom Leben wollen oder einfach, egal wie, auf der Suche nach sich selbst sind, ist dieses Buch genau das Richtige.

Harry Haller mietet eine Mansardenwohnung in einem kleinbürgerlichen Dreifamilienhaus. Er fällt nicht groß auf, pflegt nur spärlichen bis gar keinen Kontakt zu seinen Nachbarn und verschwindet irgendwann wieder spurlos. Seine Aufzeichnungen dieser Zeit, mit dem passenden Untertitel “Nur für Verrückte”, hinterlässt er dem Neffen seiner Vermieterin. Dieser ist der fiktive Herausgeber des Werkes.

Harry Haller erzählt nun seine Geschichte. Er kommt aus bürgerlichen Verhältnissen und fühlt sich auch immer auf eine fast kindliche Weise zu dieser Welt hingezogen, doch irgendwie kommt er sich immer von ihr entfremdet und wie ein Außenseiter vor. In ihm wohnt noch eine andere Person: der Steppenwolf. Dieser zieht nachts gern durch heruntergekommene Bars und hat so gar keine bürgerlichen Gedanken. Doch diese “wilde” Seite in sich unterdrückt Haller so gut es geht.

Bis er eines Tages das “Traktat vom Steppenwolf” zu lesen bekommt und langsam beginnt sich mit der anderen Seite auseinanderzusetzen.

Cover zu “Der Steppenwolf”In einer Bar lernt er die Prostituierte Hermine kennen. Sie und deren geheimnisvoller Freund Pablo führen Harry in die ausgelassene Welt der Musik, des Feierns, des Rausches und der Lust ein und fördern so seine kreative und künstlerische Ader nach langer Zeit wieder zu Tage.

Doch Harry hat seine Lektion immer noch nicht richtig gelernt. Er muss erst durch die Hölle der Selbsterkenntnis und des Wahnsinns gehen bis er begreifen wird, dass in ihm nicht nur zwei Personen, sondern tausende wohnen und er lernen muss diese anzunehmen um richtig mit ihnen umgehen zu können.

Hermann Hesse führt uns hier auf meisterliche Art und Weise die Zwiespältigkeit des Lebens vor Augen; dieser schwierige Grad zwischen der bürgerlichen Welt und dem bloßen Sein. Zudem bietet er ein Zuhause und eine absolute Genugtuung für all diejenigen, die lieber Leben und kreativ sind, als sich voll und ganz einem schnöden Alltag anzupassen. Kein Wunder, dass das Buch in den 60er Jahren zum Kultbuch und zum Symbol des Aufbegehrens gegen das Establishment wurde.


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