Lesen bildetLesen bildet

Die Traumnovelle (1925) ist eine Novelle von Arthur Schnitzler. Sie erschien zunächst kapitelweise in der Berliner Modezeitschrift "Die Dame" und erschien im Folgejahr als Buch im S.-Fischer-Verlag.

Inhalt

Zusammenfassung

Der junge Wiener Arzt Fridolin ist wohlhabend, glücklich verheiratet und Vater einer Tochter.

Nach der Enthüllung der Beinahe-Untreue seiner Frau Albertine und einer Krankenvisite, bei der er sich der hysterischen Verliebtheit der Tochter eines verstorbenen Patienten erwehren musste, scheinbar ziellos durch die nächtliche Stadt treiben. Er begibt er sich auf eine halluzinatorische Reise durch das dekadente Wien - das sich noch vom Trauma des Endes der österreichisch-ungarischen Monarchie erholt - auf der Suche nach seiner emotionalen Rache.

Unterwegs, in Cafés, Bordellen und obskuren Straßen, trifft er Nachtigall wieder, einen ehemaligen Studienfreund, jetzt Pianist, der ihn zu geheimen Tanzveranstaltungen lockt. Er taucht in eine Welt ein - auf halbem Weg zwischen Schlaf und Wachsein - die er, getrieben von seinen Begierden, mit einer seltsamen und faszinierenden Intensität erlebt.
Indem er sich auf verschiedene Frauen einlässt, bekannte und unbekannte, wird er sich seines Egos und seiner Instinkte bewusst.

Mit ungewöhnlichem Feingefühl und außerordentlich modernen und psychologischen Feingefühl versetzt uns Arthur Schnitzler in ein zweideutiges und ambivalentes Terrain mit einer Fülle an Metaphorik und Symbolismus.

Figuren

Eine Liste der wichtigsten Figuren (Charaktere & Personen) des Romans "Traumnovelle":

Handlung

Traumnovelle ist im Wien des frühen 20. Jahrhunderts angesiedelt. Die Hauptfigur der Geschichte ist Fridolin, ein erfolgreicher 35-jähriger Arzt, der mit seiner Albertine und ihrer kleinen Tochter lebt.

Eines Nachts gesteht Albertina, dass sie im vergangenen Sommer, als sie in Dänemark Urlaub machten, eine sexuelle Fantasie über einen jungen dänischen Offizier hatte. Fridolin gibt daraufhin zu, dass er sich während desselben Urlaubs zu einem jungen Mädchen am Strand hingezogen fühlte. Später in der Nacht wird Fridolin an das Sterbebett eines wichtigen Patienten gerufen. Als er den Mann tot vorfindet, ist er schockiert, als die Tochter des Mannes, Marianne, ihm ihre Liebe gesteht. Unruhig verlässt Fridolin den Ort und beginnt, durch die Straßen zu ziehen. Obwohl er in Versuchung gerät, lehnt er das Angebot einer jungen Prostituierten namens Mizzi ab.

Er trifft seinen alten Freund Nachtigall, der Fridolin erzählt, dass er in dieser Nacht bei einer geheimen Orgie der High Society Klavier spielen wird. Neugierig geworden, besorgt sich Fridolin eine Maske und ein Kostüm und folgt Nachtigall zu der Party in einem Privathaus. Fridolin ist schockiert, als er mehrere Männer in Masken und Kostümen und nackte Frauen, die nur Masken tragen, bei verschiedenen sexuellen Aktivitäten antrifft. Als eine junge Frau ihn ermahnt, das Haus zu verlassen, ignoriert Fridolin ihre Aufforderung und wird bald als Eindringling entlarvt. Die Frau verkündet der Versammlung, dass sie sich für Fridolin opfern wird, und er darf gehen.

Als er nach Hause zurückkehrt, erwacht Albertina und erzählt von einem Traum, den sie hatte: Während sie mit dem dänischen Offizier aus ihren sexuellen Fantasien schlief, hatte sie mitleidlos mit ansehen müssen, wie Fridolin vor ihren Augen gefoltert und gekreuzigt wurde. Fridolin ist empört, weil er glaubt, dass dies beweist, dass seine Frau ihn betrügen will. Er beschließt, seinen eigenen sexuellen Verlockungen nachzugehen.

Am nächsten Tag erfährt Fridolin, dass Nachtigall von zwei geheimnisvollen Männern entführt worden ist. Dann geht er zum Kostümverleih, um sein Kostüm zurückzugeben, und entdeckt, dass der Besitzer des Ladens seine jugendliche Tochter an verschiedene Männer prostituiert. Er kehrt zu dem Ort zurück, an dem in der Nacht zuvor die Orgie stattgefunden hatte; bevor er eintreten kann, wird ihm ein an ihn adressierter Zettel ausgehändigt, der ihn davor warnt, der Sache nachzugehen. Später besucht er Marianne, aber sie zeigt kein Interesse mehr an ihm. Fridolin sucht nach Mizzi, der Prostituierten, kann sie aber nicht finden. Er liest, dass eine junge Frau vergiftet worden ist. Da er vermutet, dass es sich um die Frau handelt, die sich für ihn geopfert hat, sieht er sich die Leiche der Frau im Leichenschauhaus an, kann sie aber nicht identifizieren.

Als Fridolin in der Nacht nach Hause kommt, findet er Albertina schlafend vor, mit seiner Maske vom Vorabend auf dem Kopfkissen auf seiner Seite des Bettes. Als sie aufwacht, beichtet Fridolin ihr alle seine Aktivitäten. Nachdem Albertina ihm schweigend zugehört hat, tröstet sie ihn. Fridolin sagt, dass es nie wieder passieren wird, aber Albertina sagt ihm, dass er nicht zu weit in die Zukunft schauen soll und dass das Wichtigste ist, dass sie ihre Abenteuer überlebt haben.
Die Geschichte endet damit, dass sie mit ihrer Tochter den neuen Tag begrüßen.

Analyse

Die Traumnovelle wurde zwischen 1921 und 1925 geschrieben, obwohl sie bereits einige Jahre zuvor, 1907, skizziert worden war. Die Bekanntschaft mit Sigmund Freud und die Tatsache, dass Schnitzler die Traumdeutung kannte, erlauben nicht die Annahme einer Abhängigkeit der Erzählung von den Schriften des Vaters der Psychoanalyse. Der erste, der mit dem Autor in Kontakt trat, war Freud selbst im Jahr 1922:

"Sein Determinismus wie auch sein Skeptizismus - den man Pessimismus nennt -, sein Eindringen in die Wahrheiten des Unbewussten, der instinktiven Natur des Menschen, seine Zerstörung der konventionellen Gewissheiten der Zivilisation, das Festhalten seiner Gedanken an der Polarität von Liebe und Tod, all das hat mich als etwas unglaublich Vertrautes berührt." (Sigmund Freud, Brief vom 14. März 1922)

Es war also Freud, der die Begabung des Erzählers als Erforscher der menschlichen Psyche anerkennt, wobei die Bewunderung gegenseitig sind:

"Die Psychoanalyse ist nicht neu, aber Freud. Genauso wie Amerika nicht neu war, sondern Kolumbus" (Arthur Schnitzler, Tagebuch 1924)

Der Begriff "Traumnovelle" stammt nicht aus der psychoanalytischen Theorie, sondern ist eine Wortschöpfung des Autors: Es ist das "Mittelbewusstsein" (oder auch Halbbewusstsein): "eine Art schwankendes Zwischengebiet zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten. […] Die Grenzen zwischen dem Bewussten, dem Halbbewussten und dem Unbewussten so entschieden wie möglich zu ziehen, darin besteht vor allem die Kunst des Dichters." (Arthur Schnitzler)

Der Traum ist sowohl der Eckstein als auch der Fluchtpunkt von Traumnovelle, einer Erzählung. Es ist in der Tat schwierig, beim Lesen des Titels der Novelle nicht an "Die Traumdeutung" zu denken, deren morphologischer Aufbau derselbe ist. Sigmund Freuds Text wurde 1900 veröffentlicht, aber es wäre falsch, in Schnitzlers Erzählung, die fast ein Vierteljahrhundert später erschien, einen Versuch zu sehen, Freuds Thesen zu illustrieren. Die Beziehung der beiden Männer war komplex und von Bewunderung und höflicher Rivalität geprägt, wie aus ihren Briefen hervorgeht.

Rezeption

Trotz guter Kritiken konnte Schnitzler mit Traumnovelle nicht an seinen letzten großen Erfolg, die Erzählung "Fräulein Else" aus dem Jahr 1924, anknüpfen. Bereits ab den 1920er Jahren galt er als „Dichter einer versunkenen Welt“. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren Schnitzlers Werke verboten. Erst in den 1960er Jahren setzte die wissenschaftliche Rezeption wieder ein. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der künstlerischen Gestalt und der geschichtlichen Einordnung des Werks.

Adaptionen

Elisabeth von Plotho (1853 - 1952; Baronin Elisabeth von Ardenne) diente offensichtlich als Inspiration für Effi Briest - auch wenn sie im Gegensatz zur Protagonistin deutlich länger lebte, und ihr Ehemann auch "nur" 5 Jahre älter was als sie selbst.

Es existieren einige Literaturverfilmungen, die allerdings allesamt mehr oder weniger "verunglückt" sind:

Literatur